So beginnt Klaus Bartels mit Datum vom 15. Mai 2000 das Vorwort zu seinem Buch Roms sprechende Steine. Die vierte, ergänzte Auflage von 2012 ist – so liest man auf der Webseite der WBG – vergriffen, eine nächste, die fünfte, ist offensichtlich in Arbeit, jedenfalls kann man sich schon vormerken lassen. Die Leser der vergangenen Jahre haben demnach ihre Ohren für Roms sprechende Steine durchaus geöffnet. – Recht hat Klaus Bartels dennoch: den vielen Stimmen aus 2000 Jahren der Ewigen Stadt sollte man sich nicht verschließen, gerade in einem so lauten Ambiente wie in Rom. Und so leicht war das noch nie! Bartels konzipiert 14 Spaziergänge durch die Altstadt Roms, denn „der steinerne Stadtführer” steht an Obelisken und Brunnen, Tempeln und Basiliken, Triumphbögen und Brücken, Palästen und Bürgerhäusern, Statuen und Grabmälern – sprechende Steine, wohin wir blicken. Aber dieser Cicerone spricht lateinisch, und das ohne Punkt und Komma, und manchmal so gebrochen und verschliffen, so abgekürzt und verschlüsselt, dass auch ein gestandener Lateiner – experto credite! – da anfangs, und nicht nur anfangs, deine liebe Mühe hat.
Die hier vorgelegte Sammlung – erstaunlicherweise die erste ihrer Art – wendet sich durchaus auch an den ,Lateiner‘, der sich vor diesen Steinen irgendwo zwischen Anfang und Ende seines Lateins findet. Aber nicht nur an ihn: Durchgehend zweisprachig angelegt, möchte sie gleicherweise alle neugierigen, hellhörigen Freunde der Ewigen Stadt einladen, in diesen Inschriften aus zwei Jahrtausenden für einmal Senat und Volk, Kaiser und Päpste, Künstler und Literaten, sozusagen ,Rom selbst‘, ,Rom live‘ sprechen zu hören.
Die Sammlung vereinigt gegen zweihundert Inschriften, durchweg aus dem inneren Stadtbereich zwischen Porta del Popolo im Norden und Porta S. Paolo im Süden, Peterskirche im Westen und Lateranbasilika im Osten. Sie ist regional in vierzehn Rundgänge von Inschrift zu Inschrift gegliedert, die vom Kapitol und dem Forumsbezirk samt Kolosseum im Uhrzeigersinn über das Marsfeld, den Pincio, den Quirinal, den Esquilin, den Lateran, den Aventin schließlich nach Trastevere und zum Vatikan führen.
Ausgewählt ist das Augenfällige, historisch, religionsgeschichtlich, baugeschichtlich, kunstgeschichtlich Interessante, Beziehungsreiche, auch einiges Versteckte, das zu entdecken lohnt. ... Die bewusst überschaubar gehaltene Sammlung will Roms sprechenden Steinen als ein getreuer Dolmetscher dienen. Sie will die Freunde der Ewigen Stadt – und gerade auch die große Mehrheit derer, die nicht fließend lateinisch träumen – zu imaginären Gesprächen in diesem weitgespannten geistigen Internet verlocken.”
Klaus Bartels’ allseits gerühmtes Standardwerk muss nicht weiter vorgestellt werden, nach der Zahl der Auflagen zu schließen steht es in Ihrem Bücherregal. Werfen Sie wieder einmal einen Blick hinein.
Die Zentralbibliothek Zürich hat aus der fortgesetzten Sammeltätigkeit des Autors in einer „Online-Ressource” gegen 600 (!) weitere in verschiedener Hinsicht interessante Inschriftentexte sowie gegen 200 dokumentarische Abbildungen, diese meist zu den in der Buchpublikation enthaltenen Inschriften, im Internet zugänglich gemacht. Diese 600 Inschriften sind – anders als in seinem Buch – alphabetisch nach ihren Standorten von der „Accademia di S. Luca” bis „S. Vitale” geordnet, die Bilddokumente nach den vierzehn Rundgängen der Buchausgabe.
Eine der vierundzwanzig unter dem Standort „S. Maria in Aracoeli“ aufgenommenen Inschriften sei hier zitiert – im Sinne einer Gustatio, die Appetit auf mehr machen möge. Im rechten Seitenschiff gibt eine Grabinschrift aus dem Jahr 1585 dem Besucher der Kirche, der hier vielleicht schon dem Seitenausgang zum Kapitolsplatz hinab zustrebt, am Schluss noch einen Zuruf auf den Weg, oder vielmehr zwei zur Wahl. Da geht es in strengster Fügung um „Sterben“ und „Leben“, „Leben“ und „Sterben“ – und in einem einzigen Wort um „Leben“ und „Siegen“:
D(eo) O(ptimo) M(aximo)
IULIANO EX VETERE AC NOBILI VALENTINORUM
ODDORUMQ(ue) GENERE FRANCISCI VALENTINI
ET BERNARDINAE ODDAE F(ilio)
INTEGERRIMO OMNIUM HORARUM VIRO
CUM IN PHILOSOPHIA PARUM LUCIS ET IN RERUM
HUMANARUM TRACTATIONE MULTUM MISERIARUM
COMPERISSET SUMMI BONI FRUENDI CUPIDUS
HONESTA AB IIS MISSIONE TUNC VIVERE SE
DEMUM SENSIT CUM DEO VIXIT ET SIBI
OBIIT AN(no) SAL(utis) MDLXXXV XI CAL(endas) MAII
AET(atis) SUAE LXXXIV
SISTE GRADUM VIATOR
SI PROBUS ES MORERE VICTURUS
SI IMPROBUS ES VIVE MORITURUS
Der Freund von S. Sabina auf dem Aventin mag sich angesichts der letzten Zeilen an den gleicherweise lapidaren, gleicherweise raffinierten Grabspruch des Kardinals Auxias de Podio aus dem Jahr 1483 erinnern: „Ut moriens viveret / vixit ut moriturus“ (Roms sprechende Steine, Nr. 12.5; Abbildung bei den „Ergänzenden Bilddokumenten“). Antwortet da vielleicht ein sprechender Stein auf den anderen?
Die Bild- und Textdokumente sind in einer zweiteiligen „Online-Ressource“ in den Katalog der Zentralbibliothek Zürich aufgenommen worden. Diese Online-Ressource kann direkt über den folgenden Permalink aufgerufen werden: http://www.recherche-portal.ch/ZAD:default_scope:ebi01_prod010912136 (mit Unterstrich in den beiden Zwischenräumen) – oder, leichter zu merken, mit der Eingabe von „www.recherche-portal.ch“ (oder von „Rechercheportal UZH/ZB“ bei Google) und dann des Buchtitels „Roms sprechende Steine“ im Suchschlitz dieses Rechercheportals, darauf durch Anklicken des Reiters „Online Ressource“ und schließlich eines der beiden Teile „1. Ergänzende Bilddokumente“ oder „2. Weitere Inschriftentexte“.
Die dritte Möglichkeit, um direkt an die ergänzenden Bilddokumente und weitere Inschriftentexte der zum Millennium erschienenen Sammlung: Roms sprechende Steine von Klaus Bartels zu kommen bietet die direkte Download-Adresse:
Teil 1, Bilddokumente, 198 Seiten, 357 MB, Download mit: http://opac.nebis.ch/exlibris/aleph/
u23_1/apache_media/QML5DF4P95KKUE1JQNDHKKBMMLNFFC.pdf
Teil 2, Weitere Inschriftentexte, 635 Seiten, 16,8 MB, Download mit: http://opac.nebis.ch/exlibris/aleph/u23_1/apache_media/69MARRX9DB4GUM3I928U82YP61KL3M.pdf
Die beiden Teile sind frei zugänglich und können ohne Einschränkungen und „gratis“ heruntergeladen und von Ihnen auf Ihrem PC gespeichert werden.
Klaus Bartels verdient für diese große Sammeltätigkeit (nehmen wir uns Rom zum Vorbild) unbedingt eine inschriftliche Würdigung. Hermann Krüssel hat sie verfasst:
CLAVS BARTELS
INSCRIPTIONES VRBIS AETERNAE COLLEGIT.
EXPERTO CREDITE!
PORTAE INTERRETIS NVNC PATENT,
VT LAPIDES LOQVENTES GRATIS SPECTENTVR.
VRBS AETERNA IPSA LOQVITVR!