— von Andrea Weiner

Samstagmorgen. Graue Wolken, ein verregneter Himmel. Durch den Park von Sanssouci eilen Schülergruppen, die im Universitätsgebäude erwartet werden. Der Hörsaal ist geöffnet, Kameras sind aufgebaut, ein liebevoll gefülltes Buffet steht bereit.

Nach einem halben Jahr wissenschaftlicher Arbeit mit Studenten und Dozenten der Universität Potsdam präsentieren heute Lateingruppen aus 5 Brandenburger Gymnasien ihre Forschungsergebnisse zum Thema "Willen". Die Neuauflage des Brandenburger Antike-Denkwerks, www.BrAnD2. Wille. Würde. Wissen, ‒ ins Leben gerufen von A. Binternagel, U. Gärtner und P. Wittich und unterstützt von der Robert-Bosch-Stiftung ‒ ist gestartet. Bibliotheksbesuche, Vorlesungen, Einführung in die wissenschaftliche Arbeit mit antiken Texten, Medienworkshops, Theaterbesuche - vielfältige Möglichkeiten zur Auseinandersetzung mit dem Thema wurden genutzt.

Die Präsentationen auf dem Kongress zeigten, wie vielfältig und kreativ man sich dem Thema nähern kann.

In ihrem FORUM Voluntatum gingen die Schüler vom Evangelischen Gymnasium Hermannswerder der Frage nach, ob wir einen freien Willen haben. Sie stellten Erkenntnisse aus dem naturwissenschaftlichen Determinismus, dem Buddhismus, der Neurologie Ansichten der antiken Autoren Seneca und Vergil gegenüber, dessen Held Aeneas sich schließlich dem fatum unterordnet.

Sprachlich setzten sich die Schüler des Marie-Curie-Gymnasiums Dallgow-Döberitz mit dem Thema auseinander: Willen. Wollen. Wortschatz. Sie erarbeiteten eine Wortcloud mit 34 Einträgen, die Wortfamilien, Beispiele und Sachfelder umfassen.

Ein Philosophisches Quartett erfanden die Gymnasiasten aus Michendorf, wobei zu einem Oberbegriff jeweils 4 Karten gehörten, die zur Diskussion anregen sollen. Neben einer symbolischen Darstellung, der Definition der Begriffe (voluntas, voluptas, ratio, sapientia etc.), einem Blick auf ihre Verwendung in der Stoa und dem Epikureismus wurde ihre Bedeutung schließlich im Kontext der Tragödie hinterfragt. Die Schülerinnen und Schüler hatten nach einem Theaterbesuch die Rolle des freien Willens für die Schwestern Antigone und Ismene diskutiert.

Eine Online-Zeitung mit dem Titel Voluntas Today erstellten die Schüler des Paulus-Prätorius-Gymnasiums Bernau. Daneben erklärten eine junge Römerin und eine Studentin unserer Zeit in einem amüsanten Rollenspiel, ob sie einem eigenen Willen folgen dürfen. Mit Hilfe einer Zeitmaschine versetzte eine Gruppe ihre Mitschülerin in die Antike, wo sie Seneca begegnet. Eine weitere Schülergruppe beschäftigte sich außerdem mit dem Medea-Mythos und dessen Umdeutung von der Täterin zum unschuldigen Opfer ihrer Leidenschaft.

Ein eigenes thematisches Lektüreheft zu den Autoren Cicero und Seneca mit Textannotationen, Vokabelverzeichnis, abwechslungsreichen Fragestellungen und aktuellen Interpretationsansätzen plus Begleitmaterial erstellten die Schüler des Humboldt-Gymnasiums Potsdam.

Alle Präsentationen haben mich begeistert und beeindruckt. Eine Zusammenfassung der besten Ergebnisse erfolgt auf dem Lateintag im September. Dem nächsten Kongress 2016 zum Thema "Würde" wünsche ich ein zahlreicheres Publikum - ich werde mit meinen Schülern auf jeden Fall dabei sein! Und vielleicht scheint dann die Sonne in Sanssouci...

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